Was ist funktionelles Training?
Wie trainiert man eigentlich funktionell? Und kann man denn auch nicht funktionell trainieren? Functional Training oder auf Deutsch, funktionelles Training, ist in den vergangenen Jahren zu einem Trendbegriff aufgestiegen, der häufig missverständlich und falsch gebraucht wird.
Deshalb möchte ich Dir heute einen Überblick geben,
- was funktionelles Training eigentlich bedeutet,
- wie funktionelles Training aussieht,
- für wen es sich eignet,
- welche Vorteile es bringt und,
- was es nicht ist.
Was bedeutet funktionelles Training eigentlich?
Der Name verrät es bereits: Bei funktionellem Training geht es darum, die Funktionsweise Deines Körpers als Ganzes zu verbessern. Damit ist gemeint, das Zusammenspiel der Muskeln und die Qualität der Bewegungsabläufe zu verbessern, die Du sowohl im Alltag, als auch bei vielen Sportarten brauchst.
Deine Muskeln bewegen sich nicht isoliert, sondern in einem fein abgestimmten Miteinander, in dem immer mehrere Muskelgruppen, Sehnen und Gelenke gemeinsam arbeiten. In der Fachsprache nennt man dieses Miteinander auch funktionelle Muskelketten, die Du bei natürlichen Bewegungsabläufen wie gehen, heben, drücken, ziehen, laufen, springen, hüpfen ansprichst.
Diese Bewegungen kannst Du mit funktionellen Übungen trainieren, wie Kniebeugen, Liegestütze, Kreuzheben, Ausfallschritten, Sprüngen und Klimmzügen. Funktionelles Training ist frei, das heißt, Du bist nicht in ein Trainingsgerät wie im Fitness-Studio eingespannt, das Deine Bewegung vorgibt und Deinen restlichen Körper stabilisiert. Das hat den positiven Effekt, dass nicht nur die Muskelgruppen arbeiten, die Du gezielt mit Deiner Übung ansprechen möchtest, sondern zusätzlich Deine gesamte Rumpf- und Rückenmuskulatur, die Deinen Körper bei der Bewegung stabilisiert.
Wie sieht funktionelles Training eigentlich aus?
Das Spannende an funktionellem Training ist: Keine Trainingseinheit gleicht der anderen. Du kannst mit Deinem eigenen Körpergewicht trainieren, die Trainingsintensität mit freien Gewichten wie Kurz- und Langhanteln oder Kettlebells steigern, und andere Hilfsmittel benutzen wie Bänder, Gymnastik- oder Medizinbälle, Schaumstoff-Rollen, Wackelplatten und Schlingentrainer. Langeweile kommt bei funktionellem Training also selten auf. 😉
Trotz des Abwechslungsreichtums gibt es verschiedene Elemente, die in jedem gut gestalteten funktionellen Training vorkommen sollten. Ich teile meine funktionellen Trainings ein in eine 10-minütige Warm-Up-Phase, einen großen Kräftigungsteil und eine etwa 5-minütige Cool-Down-Phase.
Beispiel: 60-minütiges funktionelles Training
10min Warm-up: Mobilisierung
Im Warm-up mobilisierst Du Deine Muskeln und Sehnen und bereitest sie auf die folgenden Bewegungsabläufe in der langen Kräftigungsphase vor. Das Warm-up ist essenzieller Bestandteil eines erfolgreichen funktionellen Trainings und richtet sich – eben wieder funktionell – an den folgenden Übungen aus. Liegt der Fokus im folgenden Kräftigungspart auf Deiner Beinmuskulatur, mobilisierst Du verstärkt die Muskeln, Sehnen und Gelenke Deiner unteren Körperhälfte. Das tust Du einerseits, um Zerrungen und Verletzungen vorzubeugen. Andererseits steigerst Du damit die Leistungsfähigkeit Deiner Muskelketten, indem Du diese vorbereitest auf die folgende Belastung, die Durchblutung förderst und den nötigen Grund-Tonus erzeugst. In meinen Trainings verwende ich dafür gern Faszienrollen und brust-, schulter- und hüftöffnende Übungen aus dem Yoga.
45min Workout: funktionelle Kräftigung
Damit Du den meisten Nutzen aus Deiner Trainingszeit ziehst, gestalte ich den Kräftigungspart gern als eine Mischung aus Zirkel- und Intervalltraining. Das heißt: Anstatt wie im klassischen Gerätetraining eine bis drei Minuten Pausen zwischen den einzelnen Übungssätzen zu machen, machst Du erst eine Übung für die Arm- und Schultermuskulatur und gleich anschließend – anstatt der Pause – eine Übung für Ihre Beinmuskulatur.
Du nutzt also die aktive Pause, um Deine Armmuskulatur zu regenerieren und beanspruchst in der Zwischenzeit die Beine. So kannst Du etwa das Doppelte bis Dreifache an Training in eine Trainingseinheit bekommen, und trainierst gleichzeitig auch noch Deine Ausdauer und Dein Herz-Kreislaufsystem.
Konkret sieht das so aus: Du machst erst zehn bis zwölf Wiederholungen Schulterdrücken mit Kurz- oder Langhanteln. Anschließend machst Du einseitige Ausfallschritte mit oder ohne Gewicht am langen Arm. Du machst erst ein Set an Liegestützen, und anschließend ein Set an Frontkniebeugen. Die Intensität der Übungen kannst Du von Runde zu Runde steigern. Du startest zum Beispiel mit Liegestützen im Knien, steigerst Dich, indem Du die Haltezeit verlängerst, bis Du schließlich gestreckte Liegestütze durchführst. Oder Du startest mit breiten Liegestützen (hoher Brustanteil) und steigerst Dich, indem Du Deine Hände zu einem engen Dreieck vor Deinem Körper formst (Diamantliegenstütze, hoher Trizeps-Anteil), oder einen Arm auf einen Ball legst (einseitige Belastung, zusätzliche seitlichen Bauchmuskeln). Eine Übung, viele verschiedene Varianten, die sowohl für Einsteiger als auch für Fortgeschrittene garantierten Trainingseffekt bringen.
5min Cool Down: Dehnen
Viele Menschen neigen gern dazu, sich das bisschen “Gymnastik” nach dem Training zu schenken. Eine regelmäßige Dehn-Routine ist jedoch ein integraler Bestandteil eines erfolgreichen funktionellen Trainings. Warum? Deine Muskeln ziehen sich bei Belastung zusammen und fühlen sind nach dem Training aufgepumpt, prall und hart an (kein Scherz, achte nach einem intensiven Armtraining mal darauf). Um Deine Muskeln nach dem Training wieder in die Länge zu ziehen, weich und geschmeidig zu machen, solltest Du nicht aufs Dehnen verzichten. Dabei kannst Du statische und dynamische Dehnübungen kombinieren. Dehnen beugt außerdem der Verkürzungen von Muskeln und Bändern vor und ist damit Voraussetzung dafür, dass Du Deine Leistung in den folgenden Trainingseinheiten steigern kannst. Also: Never skip stretching!
Was bringt funktionelles Training?
Funktionelles Training hat viele Vorteile. Keine Trainingsform ist abwechslungsreicher und vielseitiger, und keine Trainingsform kann so genau an Deine körperlichen Voraussetzungen angepasst werden.
- Starker Core: Da funktionelle Übungen ohne Geräte durchgeführt werden, müssen Rumpf und Rücken permanent stabilisieren. Die Folge: Du trainierst immer Deinen Core mit und beugst damit Rücken- und Haltungsproblemen vor.
- Größere Beweglichkeit: Mobilität und Dehnen sind zwei Kernelemente von funktionellem Training. Bei jeder Trainingseinheit tust Du damit nicht nur etwas für Deine Kraft, sondern auch für Deine Beweglichkeit und Mobilität. Und so mancher Handgriff im Alltag wird Dir plötzlich wieder leicht fallen.
- Bessere Koordination: Funktionelle Übungen ahmen natürliche Bewegungsmuster nach und sprechen immer mehrere Muskelgruppen gleichzeitig an. Damit förderst Du Deine gesamte Koordination und Motorik.
- Hoher Nachbrenneffekt: Durch die kurzen Pausen zwischen den einzelnen Übungen trainierst Du nicht nur Deine Kraft, sondern auch Deine Ausdauer und bekommst ein intensives Cardiotraining gleich mit dazu. Du verbrennst damit nicht nur während des Trainings ordentlich Kalorien, sondern profitierst zudem von einem besonders langen Nachbrenneffekt.
Für wen ist funktionelles Training geeignet?
Kurz: Für jeden Menschen, vom Profi-Athleten bis zum Anfänger. Das Schöne am funktionellen Training ist: Du brauchst keinerlei Vorkenntnisse. Denn die natürlichen Bewegungsabläufe, die Du trainierst, sind für jeden Menschen die gleichen. Was Du anpassst, ist die Intensität und den Schwierigkeitsgrad der Übungen. Und das kannst Du im funktionalen Training sehr feingranular machen, damit die Übungen genau zu Deinen körperlichen Voraussetzungen passen und eventuelle Problemstellen wie Knie, Schulter oder Sprunggelenk nicht überlastet werden.
Viele meiner Kundinnen und Kunden erzählen mir beim Erstgespräch, dass sie kein gutes Körpergefühl und eine schlechte Koordination haben. Für diese Menschen birgt funktionelles Training besonders viele Vorteile, da sie nicht nur ihre Muskulatur trainieren, sondern auch ihre kognitiven Fähigkeiten, ihre Koordination und ihr Gleichgewicht fördern. Einsteiger sollten sich die erste Zeit allerdings von einem erfahrenen Trainer oder einer Trainerin begleiten lassen. So lernen sie, wie sie die Übungen korrekt ausführen, werden direkt korrigiert und vermeiden so Fehlbelastung und resultierende Verletzungen.
Wo liegen die Grenzen für funktionelles Training?
Kraftsportler wie Bodybuilder, die mit dem Ziel trainieren, möglichst viel Kraft und gezielt Muskulatur aufzubauen, können ihr Training mit funktionellen Übungen sinnvoll ergänzen. Um in Bodybuilding-Form zu kommen, ist jedoch immer noch das klassische Krafttraining an Geräten die erste Wahl.
Hierbei trainierst Du Deine Muskeln isoliert, einen nach dem anderen, und machst Pausen zwischen den einzelnen Sätzen, um den Muskeln Zeit zur Regeneration zu geben. Du gehst von der Bizeps- zur Trizeps-Maschine, machst anschließend den Beinbeuger, dann den Beinstrecker und so weiter. Das Gerät lenkt dabei die Bewegung und stabilisiert den Körper. Meist ist bei diesem Gerätetraining nur ein Gelenk involviert.
Viele Kraftsportler nutzen allerdings funktionelle Übungen als smarte Ergänzung zu ihrem klassischen Trainingsplan, um neben der reinen Kraft auch Ausdauer und Koordination zu trainieren und damit leistungsfähiger zu sein und Verletzungen vorzubeugen.
Fazit
Funktionelles Training kann jeder Mensch betreiben, egal ob Einsteiger oder Profisportler. Es trainiert die natürlichen Bewegungsmuster, die wir im Alltag und bei vielen Sportarten brauchen. Die Muskeln werden nicht isoliert trainiert wie im klassischen Gerätetraining im Fitness-Studio, sondern frei und als komplexe Bewegungsabfolge, die immer mehrere Muskelgruppen und Gelenke mit einbezieht. Mit funktionellem Training kannst Du nicht nur Kraft aufbauen, sondern Deine Ausdauer und Koordination schulen. Funktionelles Training ist damit die optimale Ergänzung für jede andere Sportart, da es gezielt auf die jeweiligen Bewegungsmuster abgestimmt werden kann. Für Einsteiger ist es ratsam, zunächst mit einem erfahrenen Trainer oder einer Trainerin zu trainieren, der sicherstellt, dass sie die Übungen korrekt ausführen, der sie gegebenenfalls korrigiert und damit Fehlbelastung und Folgeschäden verhindert.
Steckbrief: Funktionelles Training …
- Beansprucht immer mehrere Muskelgruppen und Gelenke gleichzeitig
- Trainiert die stabilisierende Rumpf- und Rückenmuskulatur immer mit
- Arbeitet mit dem eigenen Körpergewicht, freien Gewichten und Kleingeräten wie Bändern, Bällen und instabilen Elementen.
- Ist ein Ganzkörpertraining, das für Einsteiger und Athleten geeignet ist
- Fördert Kraft, Ausdauer, Schnelligkeit, Beweglichkeit und Koordination
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